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De leden van 'Die Weisse Rose' verspreidden regelmatig pamfletten. Dit is het laatste.
Medestudenten!

Kommilitonen! Kommilitoninnen!

Ersch�ttert steht unser Volk vor den, Untergang der m�nner von Stalingrad. Dreihundertdreissigtausend deutsche M�nner hat die geniale Strategie des Weltkriegsgefreiten sinn- und verantwortungslos in Tod und Verderben gehetzt. Fiihrer, wir danken dir!

Es g�rt im deutschen Volk: Wollen wir weiter einem Dilettanten das Schicksal unserer Armeen anvertrauen? Wollen wir den niedrigsten Machtinstinkten einer Parteiclique den Rest unserer deutschen Jugend opfern? Nimmermehr! Der Tag der Abrechnung ist gekommen, der Abrechnung der deutschen Jugend mit der verabscheuungsw�rdigsten Tyrannis, die unser Volk je erduldet hat. Im Namen des ganzen deutschen Volkes fordern wir vom Staat Adolf Hitlers die pers�nliche Freiheit, das kostbarste Gut der Deutschen zur�ck, um das er uns in der erb�rmlichsten Weise betrogen.  

In einem Staat r�cksichtsloser Knebelung jeder freien Meinungs�usserung sind wir aufgewachsen. HJ, SA und SS haben uns in den fruchtbarsten Bildungsjahren unseres Lebens zu uniformieren, zu revolutionieren, zu narkotisieren versucht. �Weltanschauliche Schulung� hiess die ver�chtliche Methode, das aufkeimende Selbstdenken und Selbstwerten in einem Nebel leerer Phrasen zu ersticken.....

Freiheit und Ehre! Zehn lange jahre haben Hitler und seine Genossen die beiden herrlichen deutschen Worte bis zum Ekel ausgequetscht, abgedroschen, verdreht, wie es nur Dilettanten verm�gen, die die h�chsten Werte einer Nation vor die S�ue werfen. Was ihnen Freiheit und Ehre gilt, das haben sie in zehnjahren der Zerst�rung aller materiellen und geistigen Freiheit, aller sittlichen Substanz im deutschen Volk genugsam gezeigt. Auch dem d�mmsten Deutschen hat das furchtbare Blutbad die Augen ge�ffnet, das sie im Namen von Freiheit und Ehre der deutschen Nation in ganz Europa angerichtet haben und t�glich neu anrichten. Der deutsche Name bleibt f�r immer gesch�ndet, wenn nicht die deutsche jugend endlich aufsteht, r�cht und s�hnt zugleich, ihre Peiniger zerschmettert und ein neues geistiges Europa aufrichtet. Studentinnen! Studenten! Auf uns sieht das deutsche Volk!...

Unser Volk steht im Aufbruch gegen die Verknechtung Europas durch den Nationalsozialismus, im neuen gl�ubigen Durchbruch von Freiheit und Ehre.

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An einem Morgen h�rte ich auf der Schultreppe eine Klassenkameradin zur andern sagen: �Jetzt ist Hitier an die Regierung gekommen.� Und das Radio und alle Zeitungen verk�ndeten: �Nun wird alles besser werden in Deutschland. Hitler hat das Ruder ergriffen.�

Zum erstenmal trat die Politik in unser Leben. Hans war damals 15 Jahre alt, Sophie 12. Wir h�rten viel vom Vaterland reden, von Kameradschaft, Volksgemeinschaft und Heimatliebe. Das imponierte uns, und wir horchten begeistert auf wenn wir in der Schule oder auf der Strasse davon sprechen h�rten. Denn unsere Heimat liebten wir schr, die W�lder, den Fluss und die alten, grauen Steinriegel, die sich zwischen den Obstwiesen und Weinbergen an den stellen H�ngen emporzogen. Wir hatten den Geruch von Moos, von feuchter Erde und duftenden �pfeln im Sinn, wenn wir an unsere Heimat dachten. Und jeder Fussbreit war uns dort vertraut und lieb. Das Vaterland, was war es anderes als die gr�ssere Heimat all derer, die die gleiche Sprache sprachen und zum selben Volke geh�rten. Wir liebten es und konnten kaum sagen, warum. Man hatte bisher ja auch nie viele Worte dar�ber gemacht. Aber jetzt, jetzt wurde es gross und leuchtend an den Himmel geschrieben. Und Hitler, so h�rten wir �berall, Hitler wolle diesem Vaterland zu Gr�sse, Gl�ck und Wohlstand verheffen; er wolle sorgen, das jeder Arbeit und Brot habe; nicht ruhen end rasten wolle er, bis jeder einzelne Deutsche ein unabh�ngiger, freier und gl�cklicher Mensch in seinem Vaterland sei. Wir fanden das gut, und was immer wir dazu beitragen konnten, wollten wir tun. Aber noch etwas anderes kam dazu, was uns mit geheinmisvoller Macht anzog und mitriss. Es waren die kompakten marschierenden Kolonnen der jugend mit ihren wehenden Fahnen, den vorw�rtsgerichteten Augen und dem Trommelschlag und Gesang. War das nicht etwas �berw�ltigendes, diese Gemeinschaft? So war es kein Wunder, dass wir alle, Hans und Sophie und wir anderen, uns in die Hitlerjugend einreihten.  

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Wir waren mit Leib und Seele dabei, und wir konnten es nicht verstenen, dass unser Vater nicht gl�cklich und stolz ja dazu sagte. lm Gegenteil, er war sehr unwillig dar�ber, und zuweilen sagte er: �Glaubt ihnen nicht, sie sind W�lfe und B�rentreiber, und sie missbrauchen das deutsche Volk schrecklich.� Und manchmal verglich er Hitler mit dem Rattenf�nger von Hameln, der die Kinder mit seiner Fl�te ins Ver- derben gelockt hatte. Aber des Vaters Worte waren in den Wind gesprochen, und sein Versuch, uns zu- r�ckzuhalten, scheiterte an unserer jugendhaften Begeisterung.  

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Wir gingen mit den Kameraden der Hitlerjugend auf Fahrt und durchstreiften in weiten Wanderungen unsere neue Heimat, die Schw�bische Alb.

Wir liefen lange und anstrengend, abler es machte uns nichts aus; wir waren zu begeistert, um unsere M�- digkeit einzugestehen. War es nicht grossartig, mit jungen Menschen pl�tzlich etwas Gemeinsames und Verbindendes zu haben, denen man sonst vielleicht nie n�hergekommen w�re? Wir trafen uns zu den

Heimabenden, es wurde vorgelesen und gesungen, oder wir machten Spiele oder Bastelarbeiten. Wir h�rten, dass wir f�r eine grosse Sache leben sollten. Wir wurden ernst genommen, in einer merkw�rdigen Weise ernst genommen, und das gab uns einen besonderen Auftrieb. Wir glaubten, Mitglieder einer groben, wohlgegliederten Organisation zu sein, die alle umfasste und jeden w�rdigte, vom zehnj�hrigen jungen bis zum erwachsenen Mann. Wir f�hlten uns beteiligt an einem Prozess, an einer Bewegung, die aus der Masse Volk schuf. Manches, was uns an�dete oder einen schalen Geschmack verursachte, w�rde sich schon geben - so glaubten wir. Einmal sagte eine f�nfzehnj�hrige Kameradin im Zelt, als wir uns nach einer langen Radtour unter einem weiten Sternenhimmel zur Ruhe gelegt hatten, ziemlich unvermittelt: �Alles w�re so sch�n - nur die Sache mit den juden, die will mir nicht hinunter.� Die F�hrerin sagte, dass Hitler schon wisse, was er tue, und man m�sse um der grossen Sache willen manches Schwere und Unbegreifliche akzeptieren. Das M�dchen jedoch war mit dieser Antwort nicht ganz zufrieden, andere stimmten ihr bei, und man h�rte pl�tzlich die Elternh�user aus ihnen reden. Es war eine unruhige Zeltnacht - aber schlieblich waren wir doch zu m�de. Und der n�chste Tag war unbeschreiblich herrlich und voller Erlebnisse. Das Gespr�ch der Nacht war vorl�ufig vergessen.

In unseren Gruppen entstand ein Zusammenhalt, der uns �ber die Schwierigkeiten und die Einsamkeit jener Entwicklungsjahre hinwegtrug, vielleicht auch hinwegt�uschte.  

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Hans hatte sich einen Liederschatz gesammelt, und seine jungen h�rten es gerne, wenn er zur Guitarre sang. Es waren nicht nur die Lieder der Hitlerjugend, sondern auch Volkslieder aus allerlei L�ndern und V�lkern. Wie zauberhaft klang doch solch ein russisches oder norwegisches Lied in seiner dunklen, zichenden Schwermut. Was erz�hlte es einem nicht von der Eigenart jener Menschen und ihrer Heimat.

Aber nach einiger Zeit ging eine merkw�rdige Ver�nderung in Hans vor, er war nicht mehr der alte. Etwas St�rendes war in sein Leben getreten. Nicht die Vorhaltungen des Vaters waren es, nein, denen gegen�ber konnte er sich taub stellen. Es war etwas anderes. Die Lieder sind verboten, hatten ihm die F�hrer gesagt. Und als er dar�ber lachte, hatten sie ihm mit Strafen gedroht. Warum sollte er diese Lieder, die so sch�n waren, nicht singen d�rfen? Nur weil sie von anderen V�lkern ersonnen waren? Er konnte es nicht einsehen; es bedr�ckte ihn, und seine Unbek�mmertheit begann zu schwinden.  

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Zu dieser Zeit wurde er mit einem ganz besonderen Auftrag ausgezeichnet. Er sollte die Fahne seines Stammes zum Parteitag nach N�rnberg tragen. Seine Freude war gross. Aber als er zur�ckkam, trauten wir unseren Augen kaum. Er sah m�de aus, und in seinem Gesicht lag eine grosse Entt�uschung. Irgendeine Erkl�rung durften wir nicht erwarten. Allm�hlich erfuhren wir aber doch, dass die jugend, die ihm dort als Ideal vorgesetzt wurde, v�llig verschieden war von dem Bild, das er sich von ihr gemacht harte. Dort Drill und Uniformierung bis ins pers�nliche Leben hinein - er aber h�tte gew�nscht, das jeder Junge das Besondere aus sich machte, das in ihm steckte. Jeder einzelne Kerl h�tte durch seine Phantasie, seine Einfalle und seine Eigenart die Gruppe bereichern heffen sollen. Dort aber, in N�rnberg, hatte man alles nach einer Schablone ausgerichtet. Von Treue hatte man gesprochen, bei Tag und Nacht. Was aber war denn der Grundstein aller Treue: zuerst doch die zu sich selbst ... Mein Gott! In Hans begann es gewaltig zu rumoren.

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Bald darauf beunruhigte ihn ein neues Verbot. Einer der F�hrer harte ihm das Buch seines Lieblingsdich- ters aus der Hand genommen, Stefan Zweigs �Sternstunden der Menschheit�. Das sei verboten, hatte man ihm gesagt. Warum? Darauf gab es keine Antwort. �ber einen anderen deutschen Schriftsteller, der ihm sehr gefiel, h�rte er etwas �hnliches. Er hatte aus Deutschland fliehen m�ssen, weil er sich f�r den Gedanken des Friedens eingesetzt hatte.  

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Schliesslich aber war es zum offenen Bruch gekommen.

Hans war schon vor l�ngerer Zeit zum F�hnleinf�hrer bef�rdert worden. Er hatte sich mit seinen Jungen eine prachtvolle Fahne mit einem grossen Sagentier gen�ht. Die Fahne war etwas Besonderes; sie war auf den F�hrer geweiht, und die Jungen hatten ihr Treue gelobt, weil sie das Symbol ihrer Gemeinschaft war. Aber eines Abends, als sie mit der Fahne angetreten waren, zum Appel vor einem h�heren F�hrer, war eine unerh�rte Geschichte passiert. Der F�hrer hatte pl�tzlich unvermittelt den kleinen Fahnentr�ger, einen fr�hlichen zw�lfj�hrigen jungen, aufgefordert, die Fahne abzugeben.

�Ihr braucht keine besondere Fahne. Haltet euch an die, die f�r alle vorgeschrieben ist.�

Hans war tief betroffen. Seit wann das? Wusste der Stammf�hrer nicht, was gerade diese Fahne f�r seine Gruppe bedeutete? War das nicht mehr als ein Tuch, das man nach Belieben wechseln konnte?

Noch einmal forderte der andere den jungen auf, die Fahne herauszugeben. Der blieb starr stehen, und Hans wusste, was in ihm vorging und dass er es nicht tun w�rde. Als der h�here F�hrer den Kleinen zum drittenmal mit drohender Stimme aufforderte, sah Hans, dass die Fahne ein wenig bebte. Da konnte er nicht l�nger an sich halten. Er trat still aus der Reihe heraus und gab diesem F�hrer eine Ohrfeige.

Von da an was er nicht mehr F�hnleinf�hrer.  

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Der Funke qu�lenden Zweifels, der in Hans erglommen war, sprang auf uns alle �ber.

In jenen Tagen h�rten wir auch eine Geschichte von einem jungen Lehrer, der auf r�tselhafte Weise ver- schwunden war. Er war vor eine SA-Gruppe gestellt worden, und alle mussten an ihm vorbeiziehen und ihm ins Gesicht spucken - auf Befehl. Darauf hatte den jungen Lehrer niemand mehr gesehen. Er war in einem Konzentrationslager verschwunden. �Aber was hatte er denn getan?� fragten wir seine Mutter mit angehaltenem Atem. �Nichts, nichts, rief die Frau verzweifelt.. �Er war eben kein Nationalsozialist, er konnte halt da nicht mitmachen, das war sein Verbrechen.�  

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Mein Gott! Wie da der Zweifel, der bisher nur ein Funke war, erst zu tiefer Trauer wurde und dann zu einer Flamme der Emp�rung aufloderte. In uns begann eine gl�ubige, reine Welt zu zerbrechen, St�ck um St�ck. Was hatte man in Wirklichkeit aus dem Vaterland gemacht? Nicht Freiheit, nicht bl�hendes Leben, nicht Gedeihen und Gl�ck jedes Menschen, der darin lebte. Nein, eine Klammer um die andere hatte man um Deutschland gelegt, bis allm�hlich alles wie in einem grossen Kerker gefangen sass.  

�Was, Vater, ist ein Konzentrationslager?�

Er berichtete uns, was er wusste und ahnte, und f�gte hinzu: �Das ist Krieg. Krieg mitten im tiefsten Frie- den und im eigenen Volk. Krieg gegen den wehrlosen, einzelnen Menschen, Krieg gegen das Gl�ck und die Freiheit seiner Kinder. Es ist ein furchtbares Verbrechen.�

War aber die qu�lende Entt�uschung vielleicht nur ein b�ser Traum, von dem wir am andern Morgen erwachen w�rden? In unseren Herzen entbrannte ein heftiger Kampf. Wir versuchten, unsere alten Ideale gegen alles, was wir erlebt und geh�rt harten, zu verteidigen.

�Weiss denn der F�hrer etwas von den Konzentrationslagern ?� �Sollte er es nicht wissen, da sie nun schon jahre existieren und seine n�chsten Freunde sie eingerichtet haben? Und warum hat er nicht seine Macht ben�tzt, um sie sofort abzuschaffen? Warum ist es jenen, die daraus entlassen wurden, bei Todesstrafe untersagt, etwas von ihren Erlebnissen zu erz�hlen?�

In uns erwachte ein Gef�hl, als lebten wir in einem einst sch�nen und reinen Haus, in dessen Keller hinter verschlossenen T�ren furchtbare, b�se, unheimliche Dinge geschehen. Und wie der Zweifel langsam von uns Besitz ergriffen hatte, so erwachte nun in uns das Grauen, die Angst, der erste winzige Keim einer grenzenlosen Unsicherheit.  

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�Wie aber war es m�glich, dag in unserem Volke so etwas an die Regierung kommen konnte?�

�In einer Zeit grosser Not�, so erkl�rte uns der Vater, �kommt allerlei nach oben. Schaut, welche Zeiten wir durchzustehen hatten: zuerst den Krieg, dann die Schwierigkeiten der Nachkriegszeit, Inflation und grosse Armut. Darauf Arbeitslosigkeit. Wenn dem Menschen erst die nackte Existenz untergraben ist und er die Zukunft nur noch wie eine graue, undurchdringliche Wand sieht - dann h�rt er auf Versprechungen und Verlockungen, ohne zu fragen, wer sie macht.�

�Aber Hitler hat ja sein Versprechen, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen, gehalten!�

�Das bestreitet auch niemand. Aber fragt nicht, wie! Die Kriegsindustrie hat er angekurbelt, Kasernen werden gebaut ... Wisst ihr, wo das endet? . . . Er h�tte es selbst auf dem Wege �ber die Friedensindustrie schaffen k�nnen, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen -in der Diktatur ist das leicht genug zu erreichen. Aber wir sind doch kein Vieh, das mit einer vollen Futterkrippe allein zufrieden ist. Die materielle Sicherheit allein wird nie gen�gen, uns gl�cklich zu machen. Wir sind doch Menschen, die ihre freie Meinung, lhren eigenen Glauben haben. Eine Regierung, die an diese Dinge r�hrt, hat keinen Funken Ehrfurcht mehr vor dem Menschen. Das aber ist das erste, was wir von ihr verlangen m�ssen.�

Auf einem weiten Fr�hlingsspaziergang hatte sich dieses Gespr�ch zwischen dem Vater und uns entsponnen. Und wir hatten uns wieder einmal alle Fragen und Zwelfel gr�ndlich vom Herzen geredet.

'Ich m�chte nur, dass ihr gerad und frei durchs Leben geht, wenn es auch schwer ist�, hatte der Vater noch gesagt.

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� 2001 Albert van der Kaap, Enschede. Alle rechten voorbehouden.