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Opdracht Nationaal-Socialisme
Bron
Karl-Heinz Janßen: Deutschlands Sucht nach Weltherrschaft (Auszüge); aus: ZEITmagazin Nr. 16 vom 31. August 1979, abgedruckt in: ders.: Und morgen die ganze Welt... Deutsche Geschichte 1871-1945, Donat Verlag Bremen 2003, S.65 ff.
Hans-Jürgen Syberberg hat seinem siebenstündigen
Hitler-Film (1) immer wieder zeitgenössische
Schallplattenaufnahmen des „Deutschland, Deutschland
über alles“ unterlegt – es ist ein Leitmotiv des
„Tausendjährigen Reiches“ gewesen, unüberhörbares
Zeichen der Kontinuität von hundert Jahren
Nationalgeschichte, deren Vollender und Zerstörer Adolf
Hitler hieß. [...]
Weltberühmte, ehrsame deutsche Philosophen, Historiker,
nationalistische Dichter und liberale Demokraten des 19.
Jahrhunderts, die selbst nicht einmal einer Fliege etwas
zu Leide tun konnten, halfen als Schreibtischtäter die
imperialistischen Kraftakte der verspäteten deutschen
Nation in Wort und Schrift vorzubereiten. [...]
Zu den Verführten zählten jene Männer, die sich kurz vor
der Jahrhundertwende anschickten, das Deutsche Reich in
die „Weltpolitik“ hineinund
zu „Weltgeltung“ empor zu führen: Kaiser Wilhelm II.,
Reichskanzler Bernhard von Bülow und Großadmiral Alfred
von Tirpitz. Im Nachhinein lässt sich leicht die Nase
rümpfen über den imperialistischen Rausch des
wilhelminischen Deutschland. Aber die Deutschen, zum
ersten Mal in ihrer Geschichte in einem Nationalstaat
geeint und durch Arbeiterfleiß und Unternehmergeist
binnen zwei Jahrzehnten in die Spitzenriege der
Industrie und Handelsnationen aufgerückt, fanden es nur
natürlich [...], dass ihr traditionsreiches Vaterland
groß und stark sein und bei der Verteilung der Welt
nicht leer ausgehen sollte. Die Zukunftshoffnung, die
damals eine begeisterte deutsche Jugend erfüllte, hat
kein Geringerer als Max Weber( 2) 1895 in seiner
Freiburger Antrittsrede angefacht: „Wir müssen
begreifen, dass die Einigung Deutschlands ein
Jugendstreich war, den die Nation auf ihre alten Tage
beging, und seiner Kostspieligkeit halber besser
unterlassen hätte, wenn sie der Abschluss und
nicht der Ausgangspunkt einer deutschen Weltmachtpolitik
sein sollte.“ Viele Gelehrte, manche erlauchte Namen
darunter, haben es ihm gleich getan, als sie in den
Jahren vor und nach 1914 emphatisch „die deutsche
Sendung“ verkündeten und die Überlegenheit deutscher
Kultur über „englischen Krämer- Geist“, „welche
Falschheit“ und „russische Barbarei“ feierten. Was den
akademischen Zirkeln recht, war dem deutschen
Kleinbürgertum billig, das die kraftmeierischen, Grenzen
wie Völker verachtenden Parolen des rechtsradikalen
Alldeutschen Verbandes wie Honig aufsog. Die Kleinheit
dieses Propagandavereins mit seinen 18.000 Mitgliedern
darf nicht über dessen Bedeutung hinweg täuschen –
hinter ihm standen das Großkapital und die
Schwerindustrie, und sein Einfluss reichte in die
Redaktionen großer Zeitungen und in die Parlamente –
zeitweilig hat sich sogar das Auswärtige Amt seiner
bedient. Sein Vorsitzender schlägt schon 1899 jenes
Motiv an, das Hitler in
„Mein Kampf“ wieder aufnehmen wird: „Deutschland wird
Weltmacht sein, oder es wird nicht sein!“ [...]
Doch die Weltmacht genügte den aufwärtsstrebenden,
überall sich dazwischendrängenden Deutschen nicht – es
gelüstete sie im Stillen nach der Weltherrschaft. Was
der populäre Dichter der Reichsgründungszeit, Emanuel
Geibel, von einem friedensstiftenden einigen Deutschland
träumend, einst in pathetische Verse gekleidet hatte,
wurde nun zum Inbegriff der deutschen Mission:
„und es mag am deutschen Wesen einmal noch die Welt
genesen“ (3).[...]
Die Kontinuität dieses machtpolitischen Denkens – sowohl
in der kontinentaleuropäischen Perspektive als auch in
der globalen Ausdehnung – ist keineswegs, wie so oft
behauptet wird, in der Weimarer Republik abgerissen. Sie
lässt sich vielmehr durchgehend von 1896 bis 1945
verfolgen. [...]
Schon Jahre vor Hitler waren große Teile des Volkes für
einen Revanchekrieg und für einen Kampf um den
Lebensraum geistig disponiert. [...]
Die nationalsozialistischen Kriegsziele muten an wie ein
Abklatsch der alldeutschen Annexionsforderungen aus dem
Ersten Weltkrieg, die von weiten Teilen der
Öffentlichkeit, von den bürgerlichen Parteien, von
Industrie und Landwirtschaft und von der Gelehrtenwelt –
im Kern aber auch von Regierung und Generalstab
unterstützt wurden: Vorverlegung der deutschen Grenzen
in West und Ost, ein Kranz militärisch und
wirtschaftlich abhängiger Vasallen- staaten,
Siedlungsräume im Ostland, rücksichtslose Ausbeutung der
russischen Rohstoffquellen. Nur hat Hitler diese Ziele
bis zum Äußersten getrieben und ins
Gigantisch-Verbrecherische gesteigert. [...]
NNein, die Katastrophe war nicht allein eine Folge
Hitlerschen Größenwahns. Die Freiburger Kriegshistoriker
(4) haben eine entscheidende Ursache erkannt: den „seit
der Jahrhundertwende ungebrochenen Macht- und
Geltungsanspruch deutscher Eliten“ in Diplomatie,
Wehrmacht, Wirtschaft und Wissenschaft. Noch schärfer
hat Fritz Fischer (5) die verhängnisvollen
Machtstrukturen des Deutschen Reiches konturiert: das
Bündnis agrarisch-aristokratischer und
industriell-großbürgerlicher Machtgruppen („Rittergut
und Hochofen“), die nach innen ihre Position gegen
Demokratie und Arbeiterbewegung verteidigen und zugleich
durch Expansion nach außen, notfalls auch kriegerische,
festigen
wollen. Der Demagoge Hitler mit seiner kleinbürgerlichen
Massenpartei war ihre letzte Chance.br>
Anmerkungen
11) „Hitler – Ein Film aus Deutschland“, 1977;
Hans-Jürgen Syberberg, Drehbuchautor, Regisseur und
Produzent, reicherte seinen vierteiligen Film- Essay mit
zahlreichen Zitaten aus Musik, Film, Malerei und
Literatur an.
2) Max Weber, 1864-1920, Professor für Soziologie,
Wirtschaftswissenschaft und Nationalökonomie, gilt als
einer der „Väter“ der deutschen Soziologie.
3) Schlussverse des Gedichts „Deutschlands Beruf“ (1861)
von Emanuel Geibel, 1815-1884.
4) Janßen bezieht sich hier auf „Das Deutsche Reich und
der Zweite Weltkrieg, Ursachen und Voraussetzungen der
deutschen Kriegspolitik (Band 1), 1979, herausgegeben
von Historikern des Militärgeschichtlichen
Forschungsamtes in Freiburg (seit 1994 in Potsdam).
5) Fritz Fischer, 1908-1999, deutscher Historiker; sein
Hauptwerk „Griff nach der Weltmacht. Die
Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland
1914-1918“ erschien 1961.
Opdracht
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Niveau
Beoordeling
2. Wat is het wezenlijke kenmerk van de interpretatie van de auteur en ligt de
historische gebeurtenissen in die periode, in samenhang, toe die voor de
argumentatie van de auteur van grote betekenis waren.
3. Geef kritisch commentaar op de opvattingen van de auteur en zet die af tegen
andere opvattingen.
Bron opdracht:
http://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/abitur-gost/fach.php?fach=12
Copyright: Albert van der Kaap, 2011